Hochwasser trotz Hitzewelle

In der Schweiz donnern derzeit nicht trotz, sondern wegen des heißen Sommerwetters viele Gebirgsflüsse mit gewaltigen Wassermengen talabwärts. Betroffen sind ausnahmslos Wildbäche wie im Saas Tal (Wallis), die sich aus Gletscherwasser speisen.

Dass deren Abfluss im Sommer einem typischen Tagesgang unterliegt, der (entsprechend der Sonneneinstrahlung im Tagesverlauf) am Nachmittag die höchsten Werte annimmt, ist an sich nicht außergewöhnlich und war bereits vor der menschengemachten Erderwärmung ein eigentlich natürlicher Vorgang.
Die derzeitigen Abflusswertes sind jedoch extrem hoch. Grund hierfür sind einerseits die über Wochen beständig hohen Temperaturen zusammen mit der starken Sonneneinstrahlung, sowie die geringe Schneebedeckung auf den Gletschern aufgrund des letzten schneearmen Winters. Vergleichsweise weißer Firn vom letzten Winter hat nämlich eine viel höhere Albedo (Rückstrahlvermögen in Bezug auf die Sonneneinstrahlung) als das frei liegende Gletschereis:

Neuschnee ca. 82 %
Altschnee ca.72 %
Firn ca. 53 %
Gletschereis rein ca. 41 %
Gletschereis verschmutzt ca. 22 %

Die gewaltigen Abflüsse haben für die Gletscher freilich große Konsequenzen. So befürchten Schweizer Meteorologen einen Eisverlust von vier bis fünf Volumenprozent allein in diesem Sommer.
Was auch nicht weiter verwundert, wenn man bedenkt, dass die Nullgradgrenze beispielsweise am 24. Juli im Wallis bei etwa 5000 m lag. Es gab bis dato einen einzigen Messwert oberhalb von 5000 Metern und zwar auf 5117 Metern am 20. Juli 1995!

Auch für uns Alpinisten haben die hohen Schmelzwassermengen Konsequenzen. So kann es vorkommen, dass man einen Gletscherbach, der am Vormittag noch problemlos zu queren war, am Nachmittag nicht mehr passieren kann. Informiert euch daher auf den jeweiligen Hütten, ob es auf eurer Hochtour zu einem solchen Problem kommen kann.

Auch der Obersulzbach (Bilder 1 und 2/ Venediger Gruppe) verzeichnet diesen Sommer hohe Ablusswerte. Das dritte Bild zeigt die Querung eines seitlichen Gletscherbaches nachmittags nach Besteigen des Großvenedigers. Am Vormittag war hier fast noch ein Rinnsal.

In Tirol hatten gefährliche Hochwasser am Montag allerdings einen ganz anderen Ursprung als die Gletscherschmelze: Gewitter mit heftigem Starkregen verursachten vor allem im Stubaital Murenabgänge und Überflutungen. Im gesamten Tal mussten nach den schweren Regenfällen einige Radwege und Straßen gesperrt werden. Zu den Ereignissen kam es, während Aufräumarbeiten nach Unwettern vom vergangenen Freitag noch im vollen Gange waren. Es wird weiterhin nach einem Pfarrer gesucht, dessen Auto am Freitag von einem Fluss mitgerissen worden war. Dass solche Extremwetter-Ereignisse ebenfalls mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehen, ist für Klimatologen keine Frage.

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